Falsche Widerrufsbelehrung? Das sind die Möglichkeiten

Aktualisiert am 27. Januar 2023 von Ömer Bekar

Infos zu Falsche Widerrufsbelehrung
Vor allem bei Kreditverträgen spielt eine falsche Widerrufsbelehrung eine große Rolle.

Bei vielen Verträgen, die Verbraucher mit Unternehmen abschließen, ist ein Widerrufsrecht vorgesehen. Das Widerrufsrecht ermöglicht Ihnen, innerhalb einer bestimmten Frist vom Vertrag zurückzutreten. Und Ihr Vertragspartner ist dazu verpflichtet, Sie über Ihr Widerrufsrecht zu informieren. Das geschieht durch die sogenannte Widerrufsbelehrung. Nun muss die Belehrung aber gewissen Anforderungen genügen. Andernfalls ist sie fehlerhaft. Eine falsche Widerrufsbelehrung hat zur Folge, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Dann können Sie den Vertrag teils auch Jahre später noch widerrufen.

Egal, ob Sie eine Ware kaufen, eine Versicherung abschließen oder ein Darlehen aufnehmen: In aller Regel überlegen Sie sich vorher, ob Sie einen Vertrag eingehen. Trotzdem kann es sein, dass Sie sich im Nachhinein doch noch einmal umentscheiden. Für diesen Fall sehen viele Verbraucherverträge ein Widerrufsrecht vor.

Ihr Vertragspartner ist dazu verpflichtet, Sie über die Möglichkeit eines Widerrufs zu belehren. Dabei muss die Widerrufsbelehrung nicht nur erfolgen, sondern sie muss auch richtig und vollständig sein.

Fehler in der Widerrufsbelehrung führen dazu, dass die Widerrufsfrist nicht startet. Für Sie kann das bedeuten, dass Sie auch lange Zeit nach dem Abschluss des Vertrags noch vom Widerrufsrecht Gebrauch machen und vom Vertrag zurücktreten können. Dabei wird eine fehlerhafte oder falsche Widerrufsbelehrung vor allem im Zusammenhang mit Immobilienkrediten immer wieder zum Thema.

Grundsätzliches zum Widerruf von Verträgen

Generell gilt der Grundsatz, dass geschlossene Verträge eingehalten werden müssen. Es sei denn, die beiden Vertragsparteien treffen auf freiwilliger Basis eine andere Vereinbarung. Wenn Sie zum Beispiel in einem Geschäft vor Ort einkaufen und der Händler Ihnen ein Umtausch- oder Rückgaberecht einräumt, ist das so eine Absprache.

Allerdings sieht der Gesetzgeber bei bestimmten Verträgen Ausnahmen vor. Das betrifft in erster Linie

  • Kaufverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen zustande kommen,
  • Fernabsatzverträge, unter die zum Beispiel das Online-Shopping fällt, und
  • Kreditverträge, bei denen es sich um allgemeine Verbraucherdarlehen im Sinne von § 491 des Bürgerlichen Gesetzbuches handelt.

Solche Verträge können Sie rückgängig machen, indem Sie innerhalb von 14 Tagen einen Widerruf erklären. Dabei beginnt die Widerrufsfrist, sobald Sie den Vertrag geschlossen, die Ware oder Ihre Ausfertigung vom Vertrag erhalten und ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden.

Für einen wirksamen Widerruf reicht eine kurze, eindeutige Erklärung aus. Sie müssen Ihrem Vertragspartner also unmissverständlich mitteilen, dass Sie vom Vertrag zurücktreten möchten.

Das können Sie schriftlich, also per Brief, E-Mail oder Fax, oder auch mündlich tun. Damit Sie im Zweifel einen Nachweis haben, sollten Sie sich aber besser für die schriftliche Variante entscheiden. Eine Angabe von Gründen, warum Sie den Vertrag widerrufen, ist nicht notwendig.

Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist aber die Widerrufsbelehrung. Denn wenn sie fehlerhaft oder unvollständig ist, verlängert sich die Widerrufsfrist. Gleiches gilt, wenn die Widerrufsfrist komplett fehlt.

Eine fehlerhafte oder falsche Widerrufsfrist hat nämlich zur Folge, dass Ihr Widerrufsrecht erst nach einem Jahr und 14 Tagen erlischt.

Der sogenannte Widerrufsjoker bei Immobilienkrediten

Eine falsche oder fehlerhafte Widerrufsbelehrung sorgte in jüngerer Vergangenheit vor allem mit Blick auf Immobilienkredite immer wieder für Schlagzeilen.

Grundsätzlich gilt bei Baufinanzierungen, wie auch bei anderen Verbraucherkrediten, die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen. Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist aber unter anderem, dass Sie die Bank ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt hat. Eine fehlende, unvollständige oder anderweitig falsche Widerrufsbelehrung führt zu abweichenden Widerrufsfristen.

Genau davon konnten viele Verbraucher profitieren. Denn die Belehrungen vieler Banken enthielten Fehler. Deshalb kam die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zum Tragen. Und so konnten etliche Verbraucher auch viele Jahre nach Abschluss des Vertrags noch von der Baufinanzierung zurücktreten.

Gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase konnte ein Widerruf des alten, oft teuren Immobilienkredits und der Abschluss eines neuen, günstigeren Darlehens eine Ersparnis von mehreren tausend Euro einbringen. Auch die Erstattung einer schon gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung war zum Teil möglich.

Im Volksmund wurde dann davon gesprochen, dass die Verbraucher den Widerrufsjoker zogen. Der Bundesgerichtshof hat zwar bestätigt, dass das zulässig ist und auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (Az. XI ZR 501/15 und XI ZR 381/16, Urteile vom 12. Juli 2016 und 21. Februar 2017). Allerdings hat der Gesetzgeber inzwischen reagiert und das Widerrufsrecht nachträglich befristet.

Deshalb gilt seit März 2016 folgendes:

  • Haben Sie Ihr Immobiliendarlehen vor dem 2. November 2002 aufgenommen, können Sie sich nicht auf eine fehlende oder falsche Widerrufsbelehrung berufen. Denn bei den meisten Darlehen war damals noch gar kein Widerrufsrecht vorgesehen. Deshalb musste Sie die Bank auch nicht darüber belehren.
  • Bei einem Kreditvertrag, den Sie zwischen dem 2. November 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen haben, endete die Widerrufsfrist am 21. Juni 2016. Ein Widerruf ist damit nicht mehr möglich, auch wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Nur wenn die Belehrung komplett fehlt, können Sie noch aus dem Vertrag aussteigen.
  • Ist Ihre Baufinanzierung zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 21. März 2016 zustande gekommen, haben Sie ein ewiges Widerrufsrecht. Eine fehlende oder falsche Widerrufsbelehrung hat hier also zur Folge, dass Sie den Vertrag unendlich lange widerrufen können.
  • Haben Sie Ihren Immobilienkredit nach dem 21. März 2016 geschlossen, ist das Widerrufsrecht bei einer fehlenden oder falschen Widerrufsbelehrung auf maximal ein Jahr und 14 Tage begrenzt.

Wann eine falsche Widerrufsbelehrung vorliegt

Leider ist oft nicht so einfach zu beurteilen, wann eine Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen genügt und wann nicht. Deshalb sind fehlerhafte Widerrufsbelehrungen immer wieder Gegenstand von Gerichtsverfahren. Dabei haben sich im Laufe der Zeit ein paar Fehler gezeigt, die recht oft auftauchen:

Unklare Angaben über den Beginn der Widerrufsfrist

Die Widerrufsbelehrung muss klar und verständlich darüber informieren, wann die Widerrufsfrist beginnt. Verwendet die Bank eine Formulierung, die nicht eindeutig ist, liegt ein Fehler vor.

Korrekt ist die Widerrufsbelehrung zum Beispiel dann, wenn Sie die Bank darauf hinweist, dass die Frist “nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat“ beginnt.

Einige Banken hatten sich für ihre Belehrung an amtlichen Mustern orientiert. Doch im Muster des Gesetzgebers ist davon die Rede, dass “die Frist frühestens mit Erhaltung dieser Belehrung” zu laufen beginnt. Das Wort “frühestens” stiftet aber Verwirrung. Denn es könnte bedeuten, dass die Frist auch zu einem späteren Zeitpunkt starten könnte. Deshalb ist bei dieser Formulierung eine falsche Widerrufsbelehrung gegeben.

Hinweis auf die zuständige Aufsichtsbehörde

In vielen Widerrufsbelehrungen wird zwar im Zusammenhang mit den Pflichtangaben auf die zuständige Aufsichtsbehörde hingewiesen. Allerdings bleibt es bei diesem Hinweis, ohne dass die Aufsichtsbehörde im Vertrag näher benannt wird.

Im Ergebnis ist die Belehrung fehlerhaft. Denn wenn eine Bedingung für den Beginn der Widerrufsfrist ist, dass der Kreditnehmer alle Pflichtangaben erhält und die zuständige Aufsichtsbehörde zu diesen Angaben gehört, muss die Behörde auch benannt werden. Sonst kann die Frist nicht starten.

Keine eindeutigen Angaben über die Rechtsfolgen des Widerrufs

Die Belehrung muss darüber aufklären, welche rechtlichen Folgen ein Widerruf hat. Werden die Rechtsfolgen nicht erklärt oder falsch dargestellt, ist die Widerrufsbelehrung nicht wirksam.

Ungültig wird sie außerdem dann, wenn Sie Bank ungenau formuliert oder aus Versehen ein falsches Wort verwendet. Steht in der Belehrung zum Beispiel, dass Sie die Darlehenssumme innerhalb von 30 Tagen nach „Abgabe der Widerrufsbelehrung“ erstatten müssen, ist das ein Fehler. Richtig muss es heißen, dass Sie die Erstattung nach „Abgabe der Widerrufserklärung“ leisten müssen.

Ergänzende Hinweise

Die Bank hat zwar die Möglichkeit, ihren Text durch zusätzliche Hinweise und Angaben zu ergänzen. Nur müssen die Formulierungen dann klar, eindeutig und verständlich sein. Ist der Wortlaut verwirrend oder für Sie nicht nachvollziehbar, führt das zu einer falschen und damit ungültigen Belehrung.

Andersherum liegt auch dann eine falsche Widerrufsbelehrung vor, wenn wichtige Hinweise fehlen. Haben Sie zum Beispiel ein verbundenes Geschäft getätigt, muss die Belehrung auf die Rechtsfolgen eines Widerrufs bei diesem verbundenen Geschäft hinweisen. Ein verbundenes Geschäft ist etwa, wenn Sie zusammen mit dem Kredit eine Restschuldversicherung abgeschlossen haben.

Tipp: Weitere Informationen über fehlerhafte Widerrufsbelehrungen finden Sie auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg. Dort gibt es auch Auswertungen von etlichen Kreditverträgen verschiedener Banken.

⚠️Was Sie tun können, wenn Sie eine falsche Widerrufsbelehrung vermuten

Als juristischer Laie werden Sie kaum abschätzen können, ob Ihr Vertrag eine falsche Widerrufsbelehrung enthält oder ob nicht. Denn oft sind Fehler nicht offensichtlich. Vielmehr handelt es mitunter um kleine, unscheinbare Formulierungen oder rechtliche Fragestellungen, die nur mit entsprechendem Fachwissen richtig eingeordnet werden können.

Deshalb sollten Sie einen Widerruf auf keinen Fall vorschnell erklären. Lassen Sie Ihren Vertrag von einem Rechtsanwalt oder einer Verbraucherzentrale prüfen. Ein Jurist kann beurteilen, ob Ihre Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, wie die Chancen für einen erfolgreichen Widerruf stehen und welche Schritte dafür notwendig sind.

In der Praxis wird die Vorgehensweise bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung in aller Regel so aussehen:

  • Zunächst sollten Sie Ihre Unterlagen einem Anwalt vorlegen oder von der Verbraucherzentrale prüfen lassen.
  • Ergibt die Prüfung, dass eine falsche Widerrufsbelehrung vorliegt und die Chancen auf einen erfolgreichen Widerruf ganz gut stehen, sollten Sie sich bei Ihrer Rechtschutzversicherung nach einer Deckungszusage erkundigen.
  • Geht es um einen Kredit, den Sie nicht gleich tilgen können, brauchen Sie die Zusage für eine Anschlussfinanzierung.
  • Nun können Sie Ihrer Bank den Widerruf erklären. Ihr Anwalt kann Ihnen dabei mit einem Musterbrief weiterhelfen.
  • Akzeptiert die Bank den Widerruf, kommt es zur Rückabwicklung des Vertrags. Falls nicht, können Sie sich vielleicht auf einen Vergleich einigen. Ansonsten müssen Sie Klage erheben, um Ihren Widerspruch durchzusetzen.

Das Ergebnis von einem erfolgreichen Widerspruch kann sein, dass Sie vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen oder einen neuen Kreditvertrag mit günstigeren Zinsen abschließen können. Denkbar ist auch, dass die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung reduziert oder zu hohe Zahlungen erstattet.

Bedenken Sie die Risiken!

Doch selbst wenn sich herausstellt, dass eine falsche Widerrufsbelehrung vorliegt, haben Sie noch nichts gewonnen. Dass Sie objektiv gesehen im Recht sind, heißt nämlich nicht automatisch, dass Sie am Ende auch Recht bekommen.

Durch einen Widerruf gehen Sie immer gewisse Risiken ein. So müssen Sie damit rechnen, dass die Bank den Widerruf nicht ohne Weiteres akzeptieren wird. Kommt keine außergerichtliche Einigung zustande, wird es auf ein Gerichtsverfahren hinauslaufen. Doch eine Klage geht nicht nur mit einem Kostenrisiko einher. Vielmehr kann sich ein Gerichtsverfahren über Jahre hinziehen und entsprechend viele Nerven kosten.

Eine Rechtsschutzversicherung kann zwar das Kostenrisiko abfangen. Allerdings hängt es vom Gegenstand des Vertrags, den Sie widerrufen wollen, und Ihrem Versicherungsschutz ab, ob Sie überhaupt eine Deckungszusage bekommen.

Ein anderer Punkt ist, dass Sie die Kreditsumme grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen nach dem Widerruf zurückzahlen müssen. Reichen Ihre Mittel dafür nicht aus, sollten Sie erst dann einen Widerruf erklären, wenn Sie bereits eine andere Finanzierung sicher haben. Sonst kann die Zeit zu knapp werden. Problematisch hier ist jedoch, dass einige Banken einen Kredit ablehnen, wenn Sie durch einen Widerruf aus dem vorherigen Darlehen aussteigen wollen.

Lassen Sie sich deshalb nicht zu übereilten Handlungen verleiten, sondern wägen Sie die Risiken gut ab!